Für manche Dinge muss man irgendwie das richtige Alter oder eine gewisse Reife oder vielleicht andere Prioritäten haben. Früher habe ich mir wenig aus Marmelade gemacht. Gekaufte Marmelade war mir zu süß und die selbst gekochte habe ich nicht richtig zu würdigen gewusst. Dann habe ich vor vielen Jahren ein ofenwarmes, selbst gebackenes Brot mit selbstgemachter Butter (aus Sahne) und ebenfalls noch warmer, frisch gekochter Marmelade gegessen. Für mich bis heute ein absolut unvergleichliches Geschmackserlebnis. Ob es an der Frische oder der „Reinheit“ der Zutaten liegt, kann ich nicht sagen. Bis heute ist es für mich jedoch der Inbegriff eines perfekten Frühstücks – auch wenn ich so etwas niemals zum Frühstück zustande bringe, sondern irgendwann am Vor- oder Nachmittag, wenn genügend Zeit für den Brotteig, das Spülen der Sahneschüssel oder das Einkochen ist. Jedes für sich geht zwischendurch relativ schnell, aber alles zusammen… Trotzdem finde ich den Geschmack so grandios, dass es sich ab und zu wirklich lohnt. Probiert es doch mal aus!

Heute habe ich mir nur ein Drittel der Arbeit gemacht, das selbstgebackene Brot hatte ich vor ein paar Tagen eingefroren. In unserem Garten wächst seit Jahren etwa ein Handvoll Rhabarber. Da ich wusste, dass auch Rhabarber eingefroren werden kann, habe ich das vor zwei Jahren getan mit dem festen Vorsatz, im Laufe des Jahres Kuchen davon zu backen. Nach einem Jahr war der nächste Rhabarber reif, ohne dass ich auch nur ein einziges Mal Rhabarberkuchen gebacken hatte. So waren zwei Hände voll Rhabarber da, die ich definitiv nicht auch noch bis zum folgenden Jahr im Gefrierschrank aufbewahren wollte. Da erschien mir das Einkochen von Marmelade nahe liegend. Das Ergebnis war im letzten Jahr so köstlich und die Wertschätzung von meinen Jungs und den Beschenkten so groß, dass sich in diesem Jahr die Frage gar nicht stellte, was ich mit unserem Rhabarber anfangen wollte.

Darüber hinaus habe ich wirklich Freude am Marmelade Einkochen gefunden. So gern ich normale Mahlzeiten koche, Einkochen ist noch einmal etwas ganz anderes, weil das Ergebnis nicht einfach innerhalb der nächsten halben Stunde weggefuttert wird und damit wäre das Thema erledigt, abgesehen von schmutzigem Geschirr. Beim Einkochen halte ich hinterher ein wunderbares Ergebnis in den Händen, das zumindest ein paar Wochen hält, bis es „aufgefuttert“ ist. Haltet mich ruhig für seltsam, aber dieser Anblick von selbst eingekochten Gläsern in meinem Vorratsregal macht mich glücklich. Und wenn dann – wie im vergangenen Jahr tatsächlich geschehen – an einem Sonntag vor dem Frühstück die Frage kommt: „Haben wir noch von deiner Marmelade?“ ist dem wohl nichts mehr hinzu zu fügen.

Trotzdem noch die ein oder andere Anmerkung. Ich habe keine umfassende und jahrelange Erfahrung im Einkochen, aber doch das eine oder andere ausprobiert. Damit besonders meine Erdbeer-Rhabarber-Marmelade ihre rote Farbe eine Weile behält, füge ich der Mischung vor dem Kochen einen Löffel Zitronensaft hinzu. In Rezepten findet man zu diesem Zweck häufig die Zutat Citronensäure, normaler Zitronensaft tut es aber genauso und ist nicht künstlich hergestellt wie Citronensäure. Außerdem ersetze ich einen Teil der Erdbeeren durch einen Apfel. Wenn die Marmelade püriert wird, so wie ich das meistens handhabe, verwende ich den Apfel sogar mit Schale. Das im Apfel enthaltene Pektin ist ein natürliches Geliermittel und macht die Marmelade fester. Wenn es um Gelierzucker geht, habe ich irgendwie das Gefühl, die Wahl zwischen Pest und Cholera zu haben. Ich nutze derzeit 3:1 Gelierzucker. Das hat den großen Vorteil, dass die Marmelade nicht so extrem süß ist wie gekaufte Marmelade oder solche aus 1:1 Gelierzucker. Das schmeckt uns einfach am besten. Der große Nachteil ist, dass die Zuckermenge allein nicht ausreicht, um die Marmelade lange haltbar zu machen. Daher enthält der Gelierzucker den Konservierungsstoff Sorbinsäure, der zwar angeblich gesundheitlich unbedenklich ist, aber bei besonders empfindlichen Menschen zu Unverträglichkeiten führen kann.

Falls es euch interessiert, hier mein Rezept für Erdbeer-Rhabarber-Konfitüre:

680g Erdbeeren

120g Rhabarber

1 Apfel, etwa 100g, möglichst mit Schale

1 EL Zitronensaft

330g Gelierzucker 3:1

Den Rhabarber waschen, schälen und in kleine Stücke schneiden. Die Erdbeeren waschen, die Stängelansätze entfernen und die Erdbeeren in kleine Stücke schneiden. Den Apfel waschen, das Kerngehäuse entfernen und den Apfel in kleine Stücke schneiden. Die Früchte, den Rhabarber, Zitronensaft und Gelierzucker in einen Topf geben und unter Rühren aufkochen lassen. Wenn die Marmelade kocht, noch mindestens weitere drei Minuten kochen lassen. Je nach Vorliebe die Marmelade fein pürieren, Gelierprobe machen und noch heiß in ebenfalls heiß ausgespülte, saubere Twist-off-Gläser füllen. Gläser sofort fest verschließen und für mindestens fünf Minuten auf den Deckel stellen. Danach die Gläser im Vorratsschrank aufbewahren oder nach dem Öffnen im Kühlschrank.

Man kann Marmelade auch mit ganz normalem (weißen) Zucker einkochen, dann aber ebenfalls im Verhältnis 1:1. Die Marmelade muss dann erheblich länger gekocht werden, bis sie den Gelierpunkt erreicht, nämlich etwa eine halbe Stunde.

Eine andere Möglichkeit ist die sogenannte Chia-Marmelade. Die pürierten Früchte werden mit Chia-Samen gemischt und ggf. mit etwas Honig gesüßt. Damit hat man sowohl das Problem mit der Süße gelöst als auch die Frage nach dem Gelierzucker. Kocht man die pürierten Früchte vorher auf, hält sich die Chia-Marmelade im Kühlschrank sogar bis zu drei Tage. Es gibt aber keine Möglichkeit, sie einzukochen. Um sie also haltbar zu machen, müsste/könnte man die Marmelade beispielweise in Eiswürfelform einfrieren und nach Bedarf auftauen. Das nimmt mir aber die Möglichkeit, ein selbstgekochtes Glas Marmelade zu verschenken. Und der Anblick meiner Marmeladengläser im Vorratsregal fehlt mir auch.

Also ganz ungetrübt ist der Marmeladengenuss nicht. Da wir aber eigentlich nur sonntags ausgiebig mit Brötchen und Marmelade frühstücken, halte ich den Marmeladengenuss durchaus für vertretbar. Und wenn ich dann noch selbstgebackenes Vollkornbrot „unter“ der Marmelade esse, sieht die Gesundheitsbilanz schon wieder anders aus.

Egal, nach welchem Rezept ihr die Marmelade zubereitet, probiert damit unbedingt selbstgemachten Erdbeerjoghurt aus. Einfach frische Erdbeerstückchen auf Naturjoghurt verteilen und einen Löffel selbstgemachte Erdbeermarmelade darauf geben. Hmmh, da kommt kein Fertigjoghurt auch nur ansatzweise heran.

Ein Bemerkung noch zum Verpackungsthema. Seit diesem Jahr verkauft unser regionaler Erdbeerstand seine Früchte in kompostierbaren Schalen aus Altpapier, statt aus Plastik. Der Rhabarber aus unserem Garten kommt sowieso ohne Verpackung daher. Der Gelierzucker ist in einer Papiertüte verpackt. Und meine Marmeladengläser sind uralte Twist-off-Gläser, in denen ich irgendwann mal Marmelade, Tomatenmark oder etwas anderes gekauft habe und die ich lange schon zum Einkochen, Einfrieren, Frischhalten oder für den Transport von Rosinen oder Apfelschnitzen für die Kinder nutze.

Falls ihr auch auf den Geschmack gekommen seid, viel Freude beim Marmelade Kochen und lasst euch das Ergebnis ganz besonders gut schmecken.

Pippa